09.08.2018 Fahrtengruppe Stamm St. Jörg

Fahrtenblog #10

„Is dit‘n survivaltrening?“ – Ein Tag aus zwei Perspektiven

Unsere Nacht auf dem Wanderweg endete früh und aprupt durch ein sich übergebendes Fahrten Mitglied – um 2 Uhr morgens. Dieses begab sich nach draußen und verbrachte die weitere Nacht damit, sich den Magen zu entleeren. Nach dem wir langsam erwachten, stellte sich heraus, dass auch die anderen Magen-Darm Probleme hatten. Der Ursprung des Übels war schnell gefunden: die verheißungsvolle Quelle vom Vortag. Immerhin erwachten wir diesmal pünktlich, geweckt von unserem Wecker. Nachdem eine Person nach der anderen zurück in den Schlafsack kroch und die nächsten sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf die umliegenden Baumstämme setzten, beschlossen wir uns im Fahrtenzentrum professionellen Rat einzuholen. Wie sich herausstellte, hatte unser persönlicher Bergdoktor Felix K. die perfekten Medikamente dabei. Nachdem er professionelle Erstversorgung geleistet hatte (Danke, Lebensretter!), gaben wir unserem Schicksal hin und bildeten eine Rettungs-Squad aus den noch restlichen drei gesunden Fahrtenmitgliedern, die zum nächstgelegenen, 6km entfernten, Supermarkt in Padis wandern sollte, um die bitterbenötigten Lebensmittel zu besorgen. Die Kranken sollten später unter Aufsicht unseres Juniorartztes, der sich liebevoll und aufopfernd um die Verbliebenen kümmerte, nachkommen. Um 10 Uhr war das Dreier-Team auf dem Weg in Richtung Padis.

Nun folgt die erste Perspektive, die Kranken sprechen:
„Einer der schlimmsten Tage meines Lebens.“
Auf dem Wanderweg wurde nun ein Quarantänelager errichtet. Still ging jeder seinem Leiden nach. Ab und zu gab es eine Visite mit neuen Tabletten oder Wasser, ansonsten passierte recht wenig. Die vorbeilaufenden Wanderer blickten nur verwundert auf unser Lager, mehr Aufregung gab es nicht. Der Plan war, sich erst wieder auf den Weg zu machen, wenn sich wirklich jeder wieder in der Lage fühlte, sich in die Senkrechte zu begeben. Dieser Plan wurde allerdings von einem plötzlich aufziehendem Gewitter zu nichte gemacht. Völlig überrumpelt von dem Wetterinferno und binnen sekunden bis auf die Haut durchnässt ergaben wir uns unserem heute vom Pech gejagten Schicksal. Völlig erstarrt von den dieses mal größeren Regentropfen als Regentropfen standen wir da wie die traurigsten Salzmännchen und konnten nur zusehen, wie unsere Sachen durchnässt wurden. Aber auch das größte Selbstmitleid half jetzt nicht weiter. Mit letzter Kraft machten wir uns dann doch noch auf den Weg, hinter den anderen her. Gegen 17 Uhr erreichten wir den Ort, an dem die Anderen warteten. Wie es zu diesem Ort, anstatt zum geplanten Padis gekommen war, das ist eine andere Geschichte. Um Euch treue Leser allerdings nicht länger auf die Folter zu spannen, folgt diese nun zugleich:

„Der nicht ganz so schlimme Tag meines Lebens.“
Wir drei gesunden, wir rannten. Ersteinmal um den tödlichen Keimen zu entfliehen, die unser zartes, junges Leben nur knapp verschont hatten und andererseits um so schnell wie möglich die 6 km nach Padis zurückzulegen. So stolperten wir durch den dunklen Wald und kamen nach einiger Zeit aus diesem heraus – und erblickten einen Campingplatz. Dieser erstreckte sich durch ein kleines Tal und war durchzogen von Holzhäusern und kleinen Baracken, die allerlei Snacks, Getränke, sowie feinste und fettigste rumänische Speisen anboten. Nach einem kurzem Blick auf die Speisekarte der ersten kleinen Hütte beschlossen wir, dass es Zeit für eine kurze Pause war. Langos, Pfannkuchen und Käsegebäck wurden in rauen Mengen gekauft und verspeist. Den anderen war schlecht vom Quellwasser. Uns weil wir uns überfressen hatten. Schließlich ein Schockmoment: Die deutschsprachige Köchin sagte uns, dass der nächste Einkaufsladen nicht im noch 4 km entfernten Padis, sondern 25 km entfernt, bergab lag. Fuck. Die Katastrophe war perfekt. Also liefen wir über den Platz, ließen uns die Aussage bestätigen und suchten nach deutschen Campern, die uns helfen könnten. Erst wurden wir an einen volltatoowierten, breitgebauten, bärtigen Mann verwiesen, der ebenso aus einem Gangsteroman hätte stammen können. Er bot uns, massenweise Zigarettenschachteln neben ihm aufgetürmt, an, dass er einen (!) von uns für umgerechnet 20€ mit seinem Pickup ins Tal bringen könnte, nur Hinfahrt inklusive. Mit der Ausrede, dass wir das kurz mit unseren Freunden klären müssten, begonnen wir den taktischen Rückzug. Da spielte uns das Glück mal wieder in die Hände, jedenfalls uns drei. Wir trafen ein verdammt cooles Berliner-Pärchen, dass sehr um uns besorgt war und uns am nächsten Tag zum Supermarkt fahren würde. Nachdem uns eine in Biberach lebende Rumänien dann noch übersetzt hatte, dass der Campingplatz kostenlos war, gaben wir diese guten Nachrichten an den Rest der Gruppe weiter. Daraufhin legten wir uns vor die Villa Dubai (siehe Bild), schlemmten uns durch die Imbisshütten, tranken kühle Getränke und genossen, ein Nickerchen nach dem anderen, genüsslich den Sonnenschein. Dickes Sorry an die anderen! Nach einiger Zeit des Herumlungerns, in der wir an Strassenkinder erinnerten, kamen triefend nass und mit schlechtester Laune die Lädierten aus dem Wald gestapft. Wir hatten knappe 5 Stunden gewartet. Schnell nahmen wir ihnen das nasse Gepäck ab und machten uns auf am Rande des Campingplatzes die Kohten zu errichten: eine für die Gesunden (das Dreierteam + Arzt) und eine für die leidenden. Natürlich fing es bei diesem Vorhaben an zu regnen – an dieses Glück hatten wir uns bereits gewöhnt. Endlich wieder als Gruppe vereint, wurde der Geldbeutel gezückt und die am besten aussehende Schlemmerbude gestürmt. Dank des für Rumänien sehr großzügigen Essenssatzes war für alle ein Essen und ein Getränk auf Kosten der Fahrtenkasse drin. Einige von uns verzauberte es nicht nur, wieder etwas im Magen zu haben, sondern auch der jungen Kassierin gegenüber zu stehen, vorallem dem männlichen Teil unserer Gruppe. Auch kam das junge Berliner-Pärchen zu uns und klärte die letzten Details unserer Shoppingtour. Sie fragte verwundert und in feinster berliner Schnautze:“Is dit nen Sörvaivelltrening oda wat? Der Stärkste jewinnt?“ Wir lachten darüber, waren wir heute doch eher Verlierer gewesen. Gesättigt streunten wir über den Platz, kauften, aßen und tranken. Langsam erholten wir uns von unseren Strapazen und sehr, sehr langsam auch ein wenig von den gesundheitlichen Beschwerden. Während die Sonne untergeht sitzen wir vor der Villa Dubai, bekommen von netten Rumänen Essen geschenkt und regenierien uns Bauch für Bauch, Fuß für Fuß. Nach und nach schaffen wir es sogar uns psychisch zu erholen (Die Laune wird immer besser) und freuen uns auf die hoffentlich warmen Schlafsäcke, die teilweise noch ein wenig nass sein dürften.
Sankt Jörg: Survivaltraining bestanden – ohne nennenswerte Verluste. “Janz janz super!”

 

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